Die Macht von Ausstellungen Wer bestimmt den Kanon?

Viele Kunstkritiker*innen feierten die neu entdeckten Künstler*innen. Manche wiederum kritisierten (anonym) das kuratorische Konzept scharf:

[D]as begangene große Versehen, eine Auswahl zu treffen lediglich nach dem Geschmack der leitenden Arrangeure der Ausstellung,
das ist im Leben nicht wieder gut zu machen.

J. G., in: Die Werkstatt der Kunst 22, 1905/1906, S. 300.

Diese Herausforderung beschäftigt Kurator*innen und Sammler*innen auch heute. Ein Kriterium für Ankauf oder Ausstellung ist dabei nach wie vor der Aspekt, wie »modern«, wie aktuell ein Kunstwerk ist: Was verrät das Werk über uns heute?

Internet und Social Media erweitern den etablierten Kanon weiter, geben ungehörten Stimmen Gehör, ermöglichen alternative Blicke – und beeinflussen so unseren Blick darauf, was Kunst ist.

Mit der Deutschen Jahrhundertausstellung hatten die Kuratoren ihr Ziel erreicht: Mit Impulsen der zeitgenössischen Kunst – allen voran des Impressionismus – ein Jahrhundert deutscher Kunst neu zu befragen und mit den vorgestellten Positionen den Kunstkanon ihrer Zeit aufzubrechen. Längst sind die sensationellen Entdeckungen von einst Teil unseres westlichen Museumskanons geworden. Die Bildwelten des ehemals vergessenen Caspar David Friedrich weltbekannt.

Wer weiß, wie populär Friedrichs Landschaften heute ohne die Deutsche Jahrhundertausstellung wären?